ORNAMENT VOM 14.1. – 11.2.2018

Sechs Kölner Künstlerinnen und Künstler haben sich mit dem Thema „Ornament“ beschäftigt und zeigen eine variantenreiche Schau quer durch die Gattungen der bildenden Kunst.
Tobias Hahn, Barbara Remus, Joachim Römer, Birgit Rüberg, Julius Schmiedel und Antje Winkler-Suesse stellen Skulptur, Installation, Lichtkunst, Malerei, Collage und Druckgrafik aus.
Viele der Künstler haben ihre Werke bereits national und international in Museen, Kunstvereinen und Galerien präsentiert.

Tobias Hahns raumgreifende Installation beschäftigt sich mit der grafischen Qualität von Text. Buchstabenkombinationen werden auf ihre formale Gestalt reduziert und als Konstruktion aus Holzlatten umgesetzt. Diesem Gefüge steht eine einzelne Zeichnung gegenüber, welche durch ihre Größe und Umsetzung als Kontrapunkt fungiert.
www.tobiashahn.info

Barbara Remus collagiert Briefmarkenränder von Sonderbriefmarken zu feinen, netzartigen Gespinsten. Von weitem zeigen diese Papier-Netze verschiedene formale Strukturen, z.B. Kreise. Von nahem kann man auf den Netzen lesen, man entdeckt unzählige kleinere Ornamente, Motive, Symbole und Texte. Zur Collage verbunden ergeben diese Zeichen völlig neue inhaltliche Zusammenhänge.
www.barbararemus.de

Von Joachim Römer stammt die Bodenarbeit „Das Ornament der Masse“, ein großflächiges Ornament aus buntem Plastik-Treibgut vom Rhein. Den Titel hat er dem gleichnamigen Buch von Siegfried Kracauer entliehen, dessen Cover-Motiv Römer in seiner Arbeit aufgreift und vervielfältigt. Die moderne Technik ist laut Krakauer nicht automatisch mit der Vernunft gekoppelt: wir sind das, was wir verkonsumieren und damit zu Abfall machen.
www.unterblicken.de

Birgit Rüberg trägt die große Wandinstallation “Shift” bei, in der auf über 100 textilen Objekten farbige Ornamente verschiedener Kulturen aufeinander treffen.
Ein Teil der Ornamentik ist mit einer japanischen Katagame-Schablone aufgedruckt. Außerdem zeigt Rüberg Papierarbeiten- eine Serie historischer Gelatine-Silver-Prints, die mit Seidenfäden überspannt sind sowie bedruckte Notenblätter, die das Vorkommen von Ornamenten in der Musik thematisieren.
www.birgit-rueberg.de

Julius Schmiedel zeigt raffinierte kinetische Lichtkunst. Aneinander gereihte, rautenförmige Leuchtkörper bilden sich ständig verändernde, grafische Lichtmuster. Die leuchtenden Objekte, deren Hüllen Schmiedel im 3D-Drucker erstellt hat, erscheinen mal flach, mal dreidimensional- ein Spiel mit unserer Wahrnehmung, von Victor Vasarely inspiriert.
www.julius-schmiedel.de

Antje Winkler-Sueße, die den Anstoß zur Ausstellung gegeben hat, verwendet in ihrer farbintensiven Malerei das Quadrat als Maß und Mitte der Werke. Die Komposition wird bestimmt durch abstrahierte Figuren, deren Flächen mit Kreisformen strukturiert werden. Untersucht wird die ästhetische Wirkung der ornamentalen Wiederholung des Kreismotivs in vielen Überlagerungen und Farbvariationen.
www.winkler-suesse.de

Rede zur Ausstellungseröffnung:

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte partizipierende Künstlerinnen und Künstler,

ich begrüße Sie sehr herzlich zur Ausstellung „Ornament“ die ich heute in der Städtischen Galerie im Kunsthaus Troisdorf eröffnen darf. Frau Antje Winkler Süße habe ich im Kontext ihres Engagements für den Wehrturm in Zürndorf kennengelernt und so hat sie mich gebeten, diese Ausstellung zu eröffnen. Darüber freue ich mich sehr. Die Idee zur Ausstellung ging von Frau Winkler-Suesse aus, die eine Reihe von Kolleginnen um sich geschart hat, die auch dem Ornament verpflichtet sind. Mit großem Erfolg wie wir hier sehen können. Das Kunsthaus Troisdorf ist ein regionales Beispiel eines besonderen Künstlerengagements, das zu kreativen Orten führt an denen interdisziplinär Kunst gelebt werden kann. Ein solches Engagement macht Ausstellungen dieses Formates möglich und verdient eine besondere Wertschätzung.
Das Ornament, das Ornamentale, wie kann es aussehen, welche Implikationen kann es bereithalten? Wir sehen hier sechs künstlerische Positionen von Tobias Hahn, Barbara Remus, Joachim Römer, Birgit Rüberg, Julius Schmiedel und Antje Winkler-Suesse, die in ihrer ganz eigenen ästhetischen Formensprache das Ornamentale interpretieren, für ihre künstlerische Arbeit nutzbar machen. In Teilen kongruieren das Ornament an sich und die Arbeit der KünstlerInnen. Dabei finden wir hier eine Vielzahl von unterschiedlicher künstlerischer Herangehensweisen wie Skulptur, Installation, Lichtkunst, Malerei, Collage und Druckgrafik. Die Arbeiten folgen keiner Fragestellung trotzdem können wir in all den Arbeiten ornamentale Elemente erkennen, die im Zentrum der ästhetischen Herangehensweise an die Welt stehen.

EASY EASY EASY so der abstrahierte Schriftzug der skulpturalen Arbeit von Tobias Hahn, die sie im anschließenden Raum finden können. Sie ist in situ entstanden also hier vor Ort aus Holzbrettern zusammengesetzt, Sie greift die Side specific des Ortes auf, in dem sie zu finden ist, so antwortet Sie auf die Fensterstreben im Raum. Wie zufällig und schwebend scheint der Brettertext an der Wand zu lehnen und doch ist er dadurch stark kontextualisiert. An der parallel zur Tür verlaufenden Wand findet sich eine Zeichnung „THE EASY WAY OUT“, Industriepastemarker auf Papier. Doch ist der Weg aus dem rein Dekorativen des Ornaments leicht? Ist Ornament, wie Adolf Loos zu Beginn des 20. Jahrhundert formuliert, tatsächlich Verbrechen? Sein allseits bekanntes Pamphlet rückt aus seiner Sicht die Kunst gerade, die zu viele verschnörkelte Wege gehe. Die Schönheit wird neu definiert mit gerader Form und geometrischen Linien. Die Frage nach der Ambivalenz einer reduzierten Schönheit beantwortet sich bei den Arbeiten Hahns von selbst, denn sie zeugen von einer ästhetischen Strenge die gleichauf mit dem spielerischen Charakter der Arbeiten steht. Sie sind eben sperrig, im wahrsten Sinne des Wortes durch ihre Materialität und im Übertragenen, durch die Abstraktion. Dadurch erschließt sich die Wortreihe nicht sofort sondern wir müssen sie erst einmal dechiffrieren. So leicht – easy – macht es uns der Künstler nicht. Er hinterfragt die Wertigkeit von Sprache und Symbolen, schafft Sprache als Symbol. Kann der Mensch sich verständigen oder herrscht eine große Sprachverwirrung im babylonischen Sinn? Ist die Kunst als einfacher Öffner zu verstehen oder bleibt sie ein immerwährendes Enigma?

Die Frage nach Kommunikation, Verbindung und Vernetzung finden wir auch in den Arbeiten von Barbara Remus. Für sie spielt Sprache auch biografische eine wichtige Rolle. Wie kann sie funktionieren oder wie funktionieren die Mechanismen von Sprache. In ihren Arbeiten collagiert Barbara Remus Ränder von Briefmarken und schafft dadurch ephemere Gebilde von zerbrechlicher Schönheit. Das Thema des Ornaments begegnet uns in ihren Arbeiten sowohl auf den Rändern Der Marken selbst, als auch in der Formgebung der Papiernetze. Sie können als Kreisformen, als aufkommender Wind oder Wolken oder auch als florales Moment wahrgenommen werden. Sie erscheinen als reliefartige Wandarbeiten, die mit dem Raum spielen, in erweitern und öffnen. Es gibt eine Sicht, die die Form der Netze betont und die Nahsicht, die das ornamentale Moment der Briefmarkenränder hervorhebt. Diese Ready Mades machen eine besondere Ästhetik möglich, so zu sehen in der rotfarbene Arbeit hier um die Ecke. Wie stark die Künstlerin eingreift und mit den vorhandenen Reststücken ein ästhetisches Ganzes verbindet kann hier nachdrücklich erfasst werden. Denn Farbigkeit ist selten in den Briefmarkenrändern und so auch in den leichten Schattierungen der Netze. Die Ränder stellen eigenständige Teile dar, gleichzeitig bleibt immer eine Leerstelle, nämlich die Briefmarke, die ja das eigentliche Objekt ist, das im Alltag zählt. Nur mit ihr kann man in Kommunikation mit anderen treten, der Rand erscheint eigentlich sinn-leer. Doch diese scheinbare Leere wird hier mit Leben gefüllt durch die teils sehr dynamischen Formen, die entstehen im Akt des Zusammenfügens der Ränder. Sie werden vom Betrachtenden als Überreste verstanden, denn sie werden als Teil der Briefmarke erkannt. Die Netze erscheinen anachronistisch, denn die Vernetzung von Menschen findet immer mehr digital statt und nicht mehr analog. Aber gerade für die analoge Erscheinungsform und die ornamentale Gestaltung der Welt stehen sie als Platzhalter.
Diese Arbeiten, die wie leichte Papiercollagen als flüchtige Gestalten erscheinen, haben doch einen ganz konkreten Bezug zur Gesellschaft auf der sie basieren. Briefmarken sind immer auch zeitabhängig und diese inhaltliche Ebene kann man in den Collagen bei genauer Ansicht erkennen. Auch hier bleibt das ornamentale nicht im rein ästhetisch schönen verhaftet sondern die Netze werden ausgeworfen und können sich verfangen.
Eine andere Form von Netz findet sich in den Arbeiten von Birgit Rüberg. Sie entführt uns zu einer Art ornamentalen Weltreise. Von den USA, Japan nach China und Indien führt uns die Reise und auch in die deutsche Tradition des guten alten Häkeldeckchens. Eine Art Netz, in dem man sich verfangen kann, wird vor allem in der Arbeit mit den stereoskopischen Doppelbildern geknüpft. Diese sehen sie hier im Hintergrund. Die Fotografischen Aufnahmen der Stereoskopien waren so angeordnet dass man bei der Betrachtung einen 3 D Effekt erzielen konnte. Als Objekt Trouves auf einem venezianischen Flohmarkt gefunden schafft Rüberg ihr eigenes ornamentales Netz das direkt mit der Ästhetik der Aufnahmen in Verbindung steht. Die Eisenbahnlinien entführen uns in den Osten der USA aber vielleicht auch in weitere Ferne. Zu den Linien der Bahn verlaufen noch die Fadenlinien, die uns über die Fotografien in ein Gewebe von ornamentalen Strukturen führt. Der Schönheit dieser Arbeiten können wir uns nicht entziehen und auch nicht der straken Suggestion des dunklen Untergrundes und der orange farbenen Akzente.
In der zentralen Wandinstallation im Raum, die ebenfalls die Handschrift Rüberg trägt, finden wir eine Melange zwischen Drucktechniken aus Japan und deutschen Häkeldecken. Beide entführen uns nicht nur in andere Länder sondern auch wie die stereoskopischen Doppelbilder in ein anderes Jahrhundert, nämlich das ausgehende 19. beginnende 20. Jahrhundert. Das Muster der Deckchen wird durch einen gelbfarbenen Arcylauftrag stabilisiert, so dass sie an der Wand befestigt werden können. Sie werden ihrer eigentlichen Bestimmung zur Verschönerung eines Möbels entzogen. Sicher können sie in dieser Funktion als par pro toto des Ornaments als Verbrechen gelesen werden, denn sie weisen eigentlich als Häkeldeckchen keine Funktion sondern nur Dekor auf. In der Kunst müssen die keine Funktion haben und können um so mehr als Objekte erfasst werden.
In einem zweiten Schritt werden die Deckchen bedruckt. Dazu bedient sich die Künstlerin Schablonen. In dem roten, floralen Muster greift sie auf eine selbst entworfene Schablone zurück, im Fall der dunklen Farbe auf eine historische japanische Schablone. Mit diesem als Katazome bezeichnete Druckverfahren hat sich Rüberg intensiv auseinandergesetzt. Die Schablone funktioniert ähnlich wie das Sieb bei einem Siebdruckverfahren. So werden Linien gezogen zum Alltagsornament der Pop Art des 20. Jahrhunderts, die wie keine andere Kunstform den Siebdruck für sich entdeckt. In den Arbeiten Rübergs wird der kulturellen Vielseitigkeit des Druckverfahrens gedacht. Denn in Japan wurden auch die Kimonos auf dieses Art und Weise bedruckt. Hier steht wiederum das Textile Moment im Vordergrund.
Ein weiteres Beispiel des „ehren“ – neben schmücken eine weiter Bedeutungseben von „ornare“ – der kulturellen Vielfalt und der Traditionen von Ornamenten finden wir in den bedruckten Notationen Rüberg. Hier benutzt sie indische Schablone, die sie aus Südindien mitgebracht hat. Dort werden die Schablonen benutzt, um mit Reismehl oder Farbpigmenten vor Tempeln und Häusern Ornamente auf den Fußboden zu bringen. Ein Zeichen für Glück. Hier wird das Ornament nicht zu einem zerstörerischen Moment eines klar zu strukturierenden Alltags sondern zu einem Moment der beglückenden Verschönerung der Welt.

Ornare kann neben dem Thema des Schmückens und Ehrens auch das des Aus- Rüsten beinhalten. Diesen Aspekt finden wir in den Arbeiten von Antje Winkler-Süsse, die zwei ihrer Arbeiten im hinter Raum „Drei – protected“ nennt. Die ornamental überformten Figuren scheinen geschützt und mit Schilden ausgerüstet. Auf diesen ist das für Winkler-Suesses Arbeiten dominante Motiv der Punkte auszumachen. Winkler-Suesses künstlerische Anfänge fußten in der abstrakten Malerei. Von dieser führt sie ihr Weg immer mehr zu einer abstrahierten Figur. Diese Figuren finden sich als Initial in allen Arbeiten der Künstlerin. Oft bilden sie einen Dreiklang manchmal sind aber auch zwei oder auch eine größere Figurengruppe zu sehen. Der Dreiklang der an die perfekte Trinität anbindet wird in einem perfekten Format erfasst, dem Quadrat. Das macht eine starke Strukturierung der Bilder möglich. Diesen entgegengesetzt steht die runde, ornamentale Form. Für ihre runden Formen nutzt sie Objekte, die sie gefunden hat. Das führt uns zu den Arbeiten Römers. Im Gegensatz zu diesem lässt sie die Objekte nicht an sich erscheinen, sondern nur ihre Spur. Und das mehr als im übertragenen Zustand. So sehen wir die Ränder von Gläsern oder anderen Objekten, die aus der Sammlung Winkler-Suesse stammen.
Das Rund – eine Form quasi ohne Anfang und Ende. Es wird in den Arbeiten Winkler-Suesses unterschiedlich eingesetzt. Einmal als perfekt ausgemalter Punkt oder in aussprengender Form. Da geht die Künstlerin der Perfektion des Kreises an den Kragen und lässt den Zufall spielen. Der spielt in den Arbeiten Winkler-Suesses eine besondere Rolle. Bereits bei der initialen Formfindung in der Figuren ist er am Werk. So setzt die Künstlerin generell zunächst Tusche als Medium ein. Diese vermischt sie so lange bis eine ihr sinnige Figur herausscheint. Mit dieser arbeitet Sie dann weiter, wobei sie immer wieder Acrylfarbe hinzugibt, diese gleichzeitig durch Verdünnung verwässert/zarter erschienen lässt. Die Schichtungen in der Malerei werden nicht immer offengelegt. Besonders sichtbar sind die Tuschereste auf dem Werk „Drei Dots gespiegelt“, das Sie hier zu meiner Rechten sehen. Es fällt aus dem Rahmen, denn hier sind es keine ausgemalten Punkte sondern Kreise, die die Oberfläche strukturieren. Neben dem zufälligen flüchtigen Moment haben die ornamental und teilweise textil anmutenden Arbeiten eine klare Strukturierung. Zufall und Konstruktion bedingen sich, können nur im harmonischen Gleichklang bestehen. Das Ephemere und Bodenständige wird zu einer Einheit, in der Figuren aufscheinen und verschwinden. In der Arbeit hier zu meiner Rechten kommen die Figuren in ihrer schwarzen Tiefe wie Köpfe eines griechischen Chores hervor, der den Betrachtenden zu rufen scheint.
Durch das Brechen des Ornamentalen im Konstruktiven haben wir auch bei Winkler-Suesse das sperrige Moment das sich hinter einer farbig harmonischen Oberfläche verbirgt oder uns auch direkt angeht. In ihren Arbeiten, die auf den ersten Blick als klassische Malerei erscheinen, spielt die Tusche eine entscheidende Rolle. Sie ist Initial und Initiation der Arbeiten und somit liegt den Arbeiten auch ein zeichnerischer Moment zu Grunde.

Joachim Römers Bodenarbeit führt uns neben der Side specific Hahns in eine andere Spezifik des Außenraumes ein, den Rhein. Er sammelt dort Plastik-Treibgut und schafft aus diesem eine Art Ornament der masse“, wie er seine Bodenarbeit nennt. Der Künstler schreibt dazu: Titel und grafisches grundelement sind dem gleichnamigen buch von siegfried kracauer entliehen. die moderne technik als produkt der aufklärung ist nicht automatisch mit der vernunft gekoppelt, sie ist im zeitalter der unterhaltungsindustrie mit beliebigen inhalten auffüllbar. wir sind das, was wir verkonsumieren und damit zu abfall machen.“
Neben der romantischen Konnotation seiner Arbeiten eines am Rhein flanierenden Künstlers sind es eben die Fundstücke, die er in seiner Bodenarbeit poetische neuordnet und damit eine Ornamentik aus Form und Farbe schafft. Diese lässt uns neben den ästhetischen Moment auch die gesellschaftliche Dimension des Treibgutes als Spur unserer Zivilisation erkennen, die durchaus auch Zerstörerisches und Vergängliches impliziert. Ihrer eigentlichen Bestimmung beraubt werden die Fragmente von Alltagsobjekte zu bunten Mahnern der Überfrachtung und Vergiftung der Umwelt und der Gesellschaft. Römer weiß dass selbst in höchst poetische Worte zu fassen, wie wir sie gehört habe. Die den Zynismus des auf Konsum gerichteten Daseins des Menschen setzt er die Neuordnung der Dinge in der Kunst entgegen. Ähnlich den Arbeiten von Barbara Remus sind die Objekte aus ihrem eigentlichen Kontext herausgerissen. Bei Remus im wortwörtlichen Sinn hier durch das Reisen des Stromes. Eigentlich als Abfall deklariert Dinge erhalten in der Kunst eine neue Wertigkeit und einen anderen ästhetischen Aspekt. Sie wirken schön. Gerade das Element der Farbe spielt in Römers Arbeit eine gewichtige Rolle. So
Julius Schmiedel bringt mit seinen Lichtarbeiten eine eigene Technik und noch einen weiteren Aspekt des ornamentalen gestalten im geometrischen ein. Seinen in Auseinandersetzung mit Arbeiten Victor Vasarely entstandene Werke changieren. Sie bleiben nie gleich und bilden immer neue Muster. Hier erkennen wir einen doppelten 3 D Effekt, denn die Objekte sind in der 3 D Technik gedruckt. Darüber hinaus erkennen wir n der eigentlich zweidimensionalen Fläche einen 3 D Effekt. Auch ganz ohne den Einsatz eines Hilfsmittels, den wir bei der Betrachtung der Stereoskope in Rübergs Arbeiten noch brauchen würden. Rübergs Arbeiten erhalten ihre Dimension durch das aufgespannte Fadennetz, Schmiedels Arbeiten sind in der technischen Ausformungen bereits dreidimensional wahrnehmbar. Der Künstler nutzt so die digitale Realität, um uns in eine andere Wahrnehmungsebene zu überführen. Meist in Auseinandersetzung mit einem wissenschaftlichen Phänomen. Hier ist es ein Künstler, den er in der Technik der Reverse Engineering analysiert und in unsere Welt synchronisiert. Vasarely war als Op Art Künstler einer, der die Verschiebung der Wahrnehmung immer wieder variiert sei es mit großen Wandbildern oder mit kleineren kinetischen Objekten. Die Objekte Schmiedels, die quasi floral erscheinen, wachsen hier gleichsam auf dem historischen Grund der Op Art der 1950er Jahre und zeigen die Relevanz dieser Kunstform bis in die Jetztzeit auf. Das Ornamentale bleibt nicht mehr statisch, sondern ist veränderbar. Dabei bleibt die Grundstruktur bestehen, die uns in Form und Farbe, Licht und Schatten immer neue Perspektiven eröffnet. Das enigmatische Moment liegt hier in dem technischen Prozess, der auf der Oberfläche verhaftet bleibt.

Wie sich bei den Analyse der Werke aufzeigen lässt, ist es nie ein Einseitiges „nur Schön“ oder nur konstruktiv. Kunst kann aus der Inspirationsquelle beider Bereiche entstehen, die sich durchaus bedingen.
Das ornamentale Element begleitet die Menschheit seit ihren Anfängen. In allen Bereichen des Lebens kann man Muster und Verschönerungen finden. Vor allem in der textilen Verarbeitung und im Kunsthandwerk finden sich repetierende Ornamentik, die in der Systematisisuerung der Kunst- und Baugeschichte der unterschiedlichen Jahrhunderte Einklang fand. Im 19. Jahrhundert wird der Ornamentbegriff präzisiert gleichzeitig jedoch auch kritisch hinterfragt. „Form follows function“ war die Direktive. In der Kunst gibt es keine klar definierte Funktion, sie kann mit allem spielen und alles für sich verwerten. Darüber hinaus hat das Ornament auch in der Gestaltung und der angewandten Kunst wieder eine Paradigmenwechsel erfahren, da man die zu strenge Linie als Menschenverachtend ansah.
Wie unterschiedlich das Ornament in der Kunst verstanden werden kann wird auch an Hand der Arbeiten der hier vertretenen zeitgenössischen Künstler deutlich. Dass es eine Daseinsberechtigung hat, auch. Denn Muster und Rasterung, Wiederholung und Formgebung finden wir immer vor allem auch in der abstrakten Kunst. Das als Ornament zu bezeichnen ist sicher umstritten in der Kunst und der Kunsttheorie. Trotzdem kann es eine Aspekt der künstlerischen Produktion anzeigen und in seiner räumlichen Rhythmisierung und Strukturierung dem Betrachter einer besonderen Form der Wahrnehmung eröffnen.

Ich lade Sie ein, sich auf die unterschiedlichen Herangehensweise an und Öffnungen des Ornamentes einzulassen und wünsche Ihnen viel Spaß bei der Kontemplation.
Dr. Katja Lambert, Kunsthistorikerin, Rede zur Eröffnung der Ausstellung „Ornament“, Kunsthaus Troisdorf, 14.1.2018
Es gilt das gesprochene Wort.

Website zur Ausstellung: